Pressemitteilung vom 16. November 2023 (18/23)
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Üble Nachrede zum Nachteil eines Bundestagsabgeordneten und seiner Ehefrau – Haftstrafe durch Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt
Eine 51 Jahre alte Frau aus dem Enzkreis muss wegen Straftaten der üblen Nachrede zum Nachteil des Pforzheimer Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum und dessen Ehefrau Dr. Oana Krichbaum ins Gefängnis. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat mit Beschluss vom 15. November 2023 die Revision der Angeklagten gegen ein Urteil der auswärtigen Strafkammer Pforzheim des Landgerichts Karlsruhe vom 8. März 2023 als unbegründet verworfen. Mit diesem Urteil war die Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden, wobei ein Monat wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte die Angeklagte in einer Vielzahl von Fällen auf „Facebook“ sowie in E-Mails gegenüber verschiedenen Empfängern, darunter Zeitungsredaktionen sowie Landtags- und Bundestagsabgeordnete, der Sache nach behauptet, dass Dr. Oana Krichbaum in Rumänien in illegalen Kinderhandel verstrickt gewesen sei und Gunther Krichbaum dies unter Ausnutzung seines politischen Amtes zu vertuschen versucht habe. Nachdem die Eheleute Krichbaum zunächst zivilrechtlich gegen die Angeklagte vorgegangen waren, stellten sie am 23. April 2018 Strafantrag in Bezug auf drei „Facebook“-Posts der Angeklagten, die diese am 13. Februar, am 26. Februar und am 26. März 2018 veröffentlicht hatte und die sich in allen Fällen auf Dr. Oana Krichbaum und in zwei Fällen auch auf Gunter Krichbaum bezogen. Auch anschließend setzte die Angeklagte entsprechende ehrenrührige Tatsachenbehauptungen fort, sogar noch in ihrem letzten Wort in der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht. Das Landgericht stellte in seinem Urteil außerdem fest, dass die Behauptungen der Angeklagten weder erweislich wahr noch von der Meinungsäußerungsfreiheit oder anderen berechtigten Interessen der Angeklagten gedeckt waren.
Das Landgericht Karlsruhe hatte die Angeklagte wegen der genannten drei Taten aus dem Jahr 2018, die allein Gegenstand des Verfahrens sind, zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten verurteilt und aus diesen Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten gebildet. Einen Monat dieser Strafe hatte das Landgericht wegen einer im Berufungsverfahren eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für bereits vollstreckt erklärt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe hatte das Landgericht nicht zur Bewährung ausgesetzt, weil es für die Angeklagte keine positive Kriminalprognose gesehen hatte, nachdem diese sich weder durch Zivilverfahren noch das bisherige Strafverfahren davon hatte abhalten lassen, auch weiterhin ehrenrührige Behauptungen über die Eheleute Krichbaum aufzustellen.
Im Revisionsverfahren hatte der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts sowohl die schriftlichen Urteilsgründe des Landgerichts inhaltlich als auch – soweit von der Verteidigung der Angeklagten gerügt – das Verfahren vor dem Landgericht jeweils auf Rechtsfehler zu prüfen, die sich auf die Entscheidung ausgewirkt haben können. Solche Rechtsfehler, auf denen das landgerichtliche Urteil beruht, hat der Senat jedoch nicht festgestellt. Insbesondere hat er die Taten nicht als verjährt angesehen und die Zurückweisung von Hilfsbeweisanträgen der Verteidigung nicht beanstandet. Dass die Verlesung der E-Mail einer Zeugin in der Hauptverhandlung anstelle deren Vernehmung erfolgt sei, habe sich auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils ersichtlich nicht ausgewirkt. Das Grundrecht der Angeklagten auf Meinungsäußerungsfreiheit habe das Landgericht rechtsfehlerfrei berücksichtigt. Auch die Strafzumessung des Landgerichts – inklusive der nicht erfolgten Strafaussetzung zur Bewährung – sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ein weiteres Rechtsmittel ist nicht eröffnet. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist nunmehr rechtskräftig.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2023, Aktenzeichen: 1 ORs 34 SRs 692/23
Vorinstanz: Landgericht Karlsruhe – auswärtige Strafkammer Pforzheim, Urteil vom 8.3.2023, Aktenzeichen: 18 Ns 91 Js 4804/18
Hintergrund:
Der genaue Tatvorwurf gegen die Angeklagte lautet auf üble Nachrede in drei Fällen gemäß § 186 des Strafgesetzbuchs (StGB), davon in zwei Fällen in Tateinheit mit übler Nachrede gegen Personen des politischen Lebens gemäß § 188 StGB.
Die einschlägigen Strafvorschriften des StGB lauten:
§ 186 Üble Nachrede
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 188 Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung
(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen wird eine üble Nachrede (§ 186) mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren und eine Verleumdung (§ 187) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
§ 193 Wahrnehmung berechtigter Interessen
Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.
§ 194 Strafantrag
(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. […]