Pressemitteilung vom 05.11.2025 (1/2025)
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Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2025 um 10:00 Uhr im Streit um die Verunreinigung von Boden und Grundwasser in Hügelsheim durch PFC-haltige Papierschlämme (Az.: 17 U 126/24)
Die klagende Gemeinde Hügelsheim begehrt Schadensersatz wegen einer Beeinträchtigung ihrer Trinkwasserversorgung.
Nach Darstellung der Klägerin soll das beklagte Unternehmen, das Düngemittel und Kompost vertreibt, das Grundwasser mit PFC-haltigem Papierschlamm verunreinigt haben. Neben dem Unternehmen ist auch dessen Vorstand mitverklagt.
Die Klägerin verlangt die Erstattung von Kosten, die ihr für die Außerbetriebnahme eines Trinkwasserbrunnens, für Trinkwasseruntersuchungen und das Einrichten von Messstellen entstanden sind. Des Weiteren möchte sie mit ihrer Klage feststellen lassen, dass ihr auch für mögliche künftige Kosten ein Schadensersatzanspruch zusteht.
Unstrittig ist, dass das beklagte Unternehmen im Gemeindegebiet der Klägerin in den Jahren 2006 bis 2008 Kompost auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht hat, der mit Papierschlamm vermischt war.
Fest steht außerdem, dass im Herbst 2013 in einem Trinkwasserbrunnen der Klägerin eine stark erhöhte PFC-Konzentration im Grundwasser festgestellt wurde.
Allerdings ist zwischen den Parteien strittig, ob der in den Kompost gemischte Papierschlamm mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet war. Zudem herrscht Uneinigkeit, ob der Papierschlamm die Ursache für die im Jahr 2013 festgestellte PFC-Konzentration im Grundwasser war.
In erster Instanz hat das Landgericht Baden-Baden die Klage im Wesentlichen für berechtigt erklärt, vorerst aber noch nicht über die Höhe der Ersatzansprüche entschieden. Es hat festgestellt, dass die Beklagten für alle Schäden haften, die durch das Ausbringen des Kompost-Papierschlamm-Gemischs entstanden sind und entstehen werden. Es hat sich davon überzeugt, dass das von den Beklagten aufgebrachte Papierschlamm-Kompost-Gemisch PFC und/oder Vorläufersubstanzen enthielt und dass es die Belastung der Böden und des Grundwassers mit PFC verursacht hat. Das Unternehmen haftet nach Auffassung des Landgerichts für diese Verunreinigung nach § 89 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz. Dabei komme es nicht darauf an, ob den Verantwortlichen ein Verschulden vorzuwerfen sei. Der Vorstand hafte auch persönlich für den Schaden nach § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 BGB, §§ 2, 3, 8, 9, 50 Abs. 1, 2 WHG, da er das Recht der Klägerin auf Nutzung und Förderung der örtlichen Wasservorkommen, insbesondere des Grundwassers zur Trinkwasserversorgung verletzt habe. Er habe zumindest fahrlässig gehandelt, da er sich vor der Aufbringung des Kompostgemischs nicht vergewissert habe, dass die Papierschlämme nach der Düngemittelverordnung zugelassen und schadstofffrei waren.
Die Beklagten haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, über die der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts nun am 19.11.2025 um 10.00 Uhr verhandeln wird.
§ 89 Haftung für Änderungen der Wasserbeschaffenheit
(1) 1Wer in ein Gewässer Stoffe einbringt oder einleitet oder wer in anderer Weise auf ein Gewässer einwirkt und dadurch die Wasserbeschaffenheit nachteilig verändert, ist zum Ersatz des daraus einem anderen entstehenden Schadens verpflichtet. 2Haben mehrere auf das Gewässer eingewirkt, so haften sie als Gesamtschuldner.
(2) 1Gelangen aus einer Anlage, die bestimmt ist, Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten, derartige Stoffe in ein Gewässer, ohne in dieses eingebracht oder eingeleitet zu sein, und wird dadurch die Wasserbeschaffenheit nachteilig verändert, so ist der Betreiber der Anlage zum Ersatz des daraus einem anderen entstehenden Schadens verpflichtet. 2Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch höhere Gewalt verursacht wird.
Oberlandesgericht Karlsruhe 17 U 126/24
Landgericht Baden-Baden 3 O 319/17