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Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen aufgehoben

Datum: 01.12.2006

Kurzbeschreibung: Verurteilung wegen Vorsatztat muss neu geprüft werden


Der 33-jährige Angeklagte hatte von Dezember 2004 bis Februar 2005 in drei Fällen mit seinem Kraftfahrzeug im Raum Waldshut-Tiengen am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen, obwohl er nicht im Besitze einer amtlichen Fahrerlaubnis war. Diese war ihm 1998 wegen Trunkenheit im Straßenverkehr  gerichtlich entzogen worden. Seine Anträge auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis hatte die zuständige Verwaltungsbehörde mehrfach abgelehnt, weil er sich keiner medizinisch- psychologischen Untersuchung unterziehen wollte.

In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen im November 2005 ließ sich der Angeklagte im Berufungsverfahren dahingehend ein, er habe bei den Fahrten an seine Berechtigung zum Führen eines Fahrzeugs geglaubt, weil er im Sommer 2004 von einer Organisation, welche die Wiedervereinigung Deutschlands bestreite und das Deutsche Reich als fortbestehend ansehe, für 50 Euro einen von dieser als amtlich bezeichneten Führerschein gekauft habe. Diese Einlassung vermochte die Strafkammer nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht zu widerlegen und hat den Angeklagten lediglich wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro (insgesamt 600  Euro) verurteilt.

Anders nun der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die Revision der Staatsanwaltschaft:

Vorliegend habe das Tatgericht die Anforderungen an eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis überspannt. Voraussetzung dafür, dass der Tatrichter vom Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts überzeugt sei, sei nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und darum von niemandem anzweifelbare Gewissheit. Vielmehr genüge ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht aufkommen lasse. Rechtsfehlerhaft sei eine Beweiswürdigung auch dann, wenn eine nach den Feststellungen nahe liegende Schlussfolgerung nicht gezogen werde, ohne dass konkrete Gründe hierfür aufgeführt sind, die dieses Ergebnis stützen könnten. So liege der Fall hier. Vernünftige Zweifel daran, dass der Angeklagte bei allen Fahrten gewusst habe, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, seien den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.

Das Landgericht habe festgestellt, dass der Angeklagte durchschnittlich intelligent sei und sich regelmäßig aus den Medien über die politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik informiere. Danach dränge sich aber der Schluss von vorsätzlichen Handlungen auf. Der Angeklagte habe um das Fehlen seiner Fahrerlaubnis gewusst und ihm sei bekannt gewesen, welche Behörde für ihre Erteilung zuständig war. Dass dieses Wissen dadurch abhanden gekommen sein könnte, dass er sich im Sommer 2004 gegen Zahlung von 50 Euro von einem sogenannten „Reichspräsidenten“ einen „Führerschein Deutsches Reich“ habe geben lassen, sei nicht nachvollziehbar dargelegt. 

Da die Sache noch nicht entscheidungsreif war, hat  der 2. Strafsenat das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen aufgehoben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen zurückverwiesen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom  28.11.2006 - 2 Ss 78/05 -


 

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