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Oberlandesgericht hebt Freispruch für Freiburger Polizeibeamte auf

Datum: 10.07.2017

Kurzbeschreibung: 

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat nach der heutigen Revisionshauptverhandlung (siehe Pressemitteilung vom 05.07.2017) ein Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 15.06.2016 aufgehoben, mit dem zwei Polizeibeamte vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§§ 142 Abs. 1 Nr. 1, 27 StGB) und der versuchten Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1 und 4 StGB) freigesprochen worden waren.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen hatte ein Kollege der beiden Angeklagten nach dem Besuch eines gemeinsamen Festes am frühen Morgen des 01.08.2014 auf der Autobahn bei Freiburg in alkoholisiertem Zustand einen Motorradfahrer angefahren und tödlich verletzt. Anschließend floh der Unfallverursacher zu Fuß und verbarg sich in einem Industriegebiet, bis er noch in der Nacht von einem der beiden Angeklagten mit dem Auto abgeholt und zu sich in die Wohnung gebracht wurde, wo sich der Unfallverursacher bis zum Mittag aufhielt. Alsbald nach dem Unfall hatte der Unfallverursacher mit dem anderen Angeklagten mehrfach telefoniert, wobei ihm Unterstützung und Abholung versprochen wurde.

Das freisprechende Urteil konnte keinen Bestand haben, weil nicht nur die Würdigung der Beweise lückenhaft war, sondern auch zentrale Rechtsfragen fehlerhaft bewertet wurden:

Hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort tragen die festgestellten Umstände nicht die Annahme des Amtsgerichts, die Unfallflucht sei bereits beendet - und deshalb eine Beihilfe nicht mehr möglich - gewesen, als sich der Unfallverursacher außer Sichtweite der Unfallstelle befunden habe. Nach der Rechtsauffassung des 2. Strafsenats dauert die Tathandlung des Sich-Entfernens jedoch an, solange sich der Fliehende noch nicht endgültig vor Feststellungen im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen in Sicherheit gebracht hat. Das war vorliegend naheliegend erst der Fall, nachdem der Unfallverursacher mit dem Auto abgeholt worden war.

Bezüglich des Vorwurfs der versuchten Strafvereitelung ist das Amtsgericht zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Täter dabei mit mindestens direktem Vorsatz handeln muss. Soweit das Amtsgericht dies mit der - auf unvollständiger Beweiswürdigung beruhenden - Annahme verneint hat, den Angeklagten sei es bei ihrem Handeln ausschließlich darum gegangen, ihren durch das Unfallgeschehen angeschlagenen Kollegen psychisch zu stabilisieren, hat es allerdings verkannt, dass auch derjenige mit direktem Vorsatz handelt, der eine Folge seines Handelns sicher voraussieht. Nach den Feststellungen wussten die beiden Angeklagten als Polizeibeamte aber, dass mit dem Verbergen ihres Kollegen und des mit dem Verstreichen der Zeit einhergehenden Abbaus des Blutalkoholwerts eine Aufdeckung der Trunkenheit als Unfallursache vereitelt werden würde.

Die Sache wird deshalb von einer anderen Abteilung des Amtsgerichts Freiburg erneut zu verhandeln sein.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 10.07.2017 - 2 Rv 10 Ss 581/16

Relevante Vorschriften des Strafgesetzbuchs (StGB):

§ 27 Beihilfe
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) 1Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. 2Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

§ 142 Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1.zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat […]
2.[…],
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 258 Strafvereitelung
(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft […] wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
[…]
(4) Der Versuch ist strafbar.

 

 

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