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Verurteilung eines Bürgermeisters wegen Vorteilsannahme aufgehoben

Datum: 05.05.2010

Kurzbeschreibung: 

Dies hat jetzt der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entschieden und damit ein Urteil des Landgerichts Offenburg vom 03. Dezember 2008 aufgehoben. Die dortige Strafkammer hatte im Berufungsverfahren einen hauptamtlichen Bürgermeister einer südbadischen Gemeinde der Vorteilsannahme schuldig gesprochen, ihn verwarnt und die Verhängung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 160 Euro vorbehalten.

Der 66-jährige und seit 1990 als hauptamtlicher Bürgermeister tätige Angeklagte hatte im April 2001 einen Konzessionsvertrag mit einem örtlichen Energieversorgungsunternehmen unterzeichnet, wonach diesem weiterhin das Recht zur Nutzung des Wegenetzes der Gemeinde für Versorgungsleitungen eingeräumt wird. Dem Vertragsabschluss vorausgegangen war im März 2001 ein Schreiben des Unternehmens an den Angeklagten, wonach dieses der Gemeinde aus Anlass des Neuabschlusses des Konzessionsvertrags eine Sonderspende in Höhe von 2898.- DM für einen kulturellen Zweck zukommen lassen wollte. Der Angeklagte wurde hierin um Benennung geeigneter Spendenempfänger gebeten, wobei sich allerdings das Energieversorgungsunternehmen eine Prüfung vorbehielt. Da dieses Schreiben den Angeklagten nach den getroffenen gerichtlichen Feststellungen nicht erreicht hatte, wiederholte das Unternehmen sein Spendenangebot im November 2001, woraufhin der Angeklagte im Dezember 2001 nunmehr den örtlichen Fußballverein als Spendenempfänger benannte. Der Fußballverein erhielt diese Spende noch im gleichen Monat ausbezahlt und erwarb hiervon eine Metallrutsche auf einem öffentlichen Kinderspielplatz.

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat das Urteil des Landgerichts Offenburg nunmehr aufgehoben und festgestellt, dass die bisherigen Feststellungen eine strafrechtliche Verurteilung des Angeklagten wegen Vorteilsannahme nicht zu tragen vermögen.

Nach der durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.08.1997 neu gefassten und im Interesse einer wirksamen Bekämpfung der Korruption in ihrem Anwendungsbereich erheblich ausgeweiteten Vorschrift des § 331 Abs. 1 StGB ist ein Amtsträger - so der Senat - wegen Vorteilsannahme strafbar, wenn er für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder für einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Dabei genügt es nunmehr, dass der Vorteil von Vorteilgeber und Vorteilnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen damit auch Handlungsweisen unter Strafe gestellt werden, durch die der Vorteilgeber sich das generelle Wohlwollen des Amtsträgers erkaufen bzw. “Klimapflege“ betreiben will. Allerdings müssen weiterhin Dienstausübung und Vorteil „inhaltlich verknüpft“ sein. Zwischen beiden muss ein sog. Gegenseitigkeitsverhältnis in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat. Dies bedeutet, dass die Beteiligten darin übereinstimmen müssen, dass der Vorteil entweder dem Zweck diene, auf die künftige Dienstausübung des Amtsträgers Einfluss zu nehmen, oder eine vergangene Dienstausübung zu belohnen.

In diesem Sinne seien vorliegend hauptsächlich die Erwägungen des Landgerichts zum Bestehen einer Unrechtsvereinbarung zwischen den Verantwortlichen des Energieunternehmens und dem Angeklagten lückenhaft. Die Strafkammer gehe davon aus, dass die von dem Energieversorgungsunternehmen an den Fußballverein gewährte Spende an die Dienstausübung des Angeklagten anknüpfe, welche in der Unterzeichnung des Konzessionsvertrags im April 2001 durch den Angeklagten als hauptamtlicher Bürgermeister und damit als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB bestanden habe. Hierauf habe sich nach den Feststellungen des Landgerichts auch die Unrechtsvereinbarung bezogen. Dabei habe das Landgericht aber nicht bedacht, ob das Angebot des Energieunternehmens vom März 2001 seine eigentliche Grundlage nicht bereits in einem Beschluss des Gemeinderats von August 2000 gehabt haben könnte, durch den die spätere Unterzeichnung des Konzessionsvertrags durch den Angeklagten als Bürgermeister erst ermöglicht wurde.

Da das Landgericht diese Geschehensalternative, nach welcher das Verhalten des Angeklagten straflos sein könnte, bei seiner Beweiswürdigung nicht berücksichtigt hat, hat der 2. Strafsenat das vom Angeklagten angefochtene Urteil aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Offenburg zurückverwiesen.

Ein Termin für eine Neuverhandlung des Verfahrens steht noch nicht fest.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 27. April 2010,
2 (7) Ss 173/09- AK 101/09


Hinweise auf den Gesetzestext:

§ 332 StGB Bestechlichkeit

(1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.
(2) Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,
1. bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei
    Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen
    zu lassen.

§ 59 StGB Voraussetzungen der Verwarnung mit Strafvorbehalt

(1) Hat jemand Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen verwirkt, so kann das Gericht ihn neben dem Schuldspruch verwarnen, die Strafe bestimmen und die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten, wenn

1.  zu erwarten ist, daß der Täter künftig auch ohne Verurteilung
     zu Strafe keine Straftaten mehr begehen wird,
2.  nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des 
    Täters besondere Umstände vorliegen, die eine Verhängung 
     von Strafe entbehrlich machen, und
3. die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung
     zu Strafe nicht gebietet.

§ 56 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) ...

 

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